Montag, 20. Mai 2013

Freigang oder Wohnungshaltung?


Nun mussten wir erneut die Entscheidung treffen: Gewähren wir Suri den Freigang oder bleibt sie eine Wohnungskatze? 


Bei Schnubbi haben wir die Entscheidung damals ganz intuitiv und aus dem Bauch heraus entschieden. Er war ein sehr vorsichtiger Kater, der aufs Wort hörte. Immer wieder versuchte er vorsichtig, den Sprung vom Balkon zu wagen. Irgendwann ließ ich ihn gewähren. Da war er ca. 4 Monate alt, aber schon so groß, wie eine ausgewachsene Katze. Kurz vorher ließen wir ihn selbstverständlich kastrieren. 

Diese Entscheidung bereue ich bis heute nicht, auch wenn ich mir nichts mehr auf der Welt wünsche, dass er noch bei mir wäre. Er war so furchtbar glücklich. Er hat sich niemals weit entfernt, war immer in Sichtweite und folgte mir auf Schritt und Tritt, wenn ich mit den Hunden draußen war. Wenn ich mich auf eine Bank setzte, um ein Buch zu lesen, dann setzte er sich neben mich und wartete geduldig. Ich habe die schönsten Tage in meinem Leben mit ihm in der Natur verbracht. Und er hat sich so frei gefühlt. Diese Freiheit projizierte er auf mich, ich wäre am liebsten den ganzen Tag mit ihm draußen gewesen. Ich habe es geliebt, ihm dabei zuzuschauen, wie er in der Luft die Maikäfer fing oder sich im Gras wälzte. Als er mir seine erste Maus präsentierte, wäre ich fast vor Stolz geplatzt. 

Ich weiß, dass es einfach richtig ist, dem Tier die Freiheit zu schenken. Es liegt im Wesen der Katze, ihre äußere Umgebung zu erkunden. Fast jede Katze, die man vor die Wahl stellen würde, würde den Freigang wählen. Dennoch sträube ich mich (momentan) noch dagegen, Suri rauszulassen. Sie ist so fruchtbar klein und zierlich. Ich habe Angst, dass sie einfach jemand mit nimmt, weil er denkt, sie sei noch ein Kitten. Dazu hat sie eine total freundliche Art und lässt sich von jedem auf den Arm nehmen. Schnubbi war zwar ebenfalls ein unglaublich freundlicher Kater, aber beim Tragen hörte die Freundschaft auf. Vielleicht sind diese Argumente auch einfach Ausreden, weil ich Angst davor habe, sie zu verlieren.



Bei Kasimir hatte ich nie eine Wahl. Er ist ein Kater, der ein Streunerleben führte. Für ihn war es schon die größte Qual,  die ersten vier Wochen der Eingewöhnungszeit in der Wohnung bleiben zu müssen. Dazu ist er nicht nur vorsichtig, sondern hat auch seine jugendliche Neugier verloren (die meinem Schnubbi ja leider das Leben kostete). Ich weiß, dass er sich keine abenteuerlichen Orte sucht, um sich dort zu verstecken oder zu klettern. Er hat einen Garten eines leerstehenden Einfamilienhauses für sich entdeckt, indem er die meiste Zeit des Tages verbringt. Sicherlich bin ich nicht vollständig sorgenfrei, aber das Vertrauen ihm gegenüber überwiegt einfach. 





Suri ist das komplette Gegenteil. Sie muss alles erforschen und entdecken. Überall hochklettern und in jedes Loch kriechen. Dazu ist sie furchtbar unvorsichtig. Sie rennt einfach los, ohne sich umzusehen. Damit würde die Freiheit eine große Gefahr für sie darstellen.

Vielleicht denke ich irgendwann anderes darüber und lasse sie ziehen. Aber momentan habe ich mich gegen den Freigang entschieden.

Damit die kleine Maus es trotzdem einigermaßen interessant und aufregend hat, haben wir nun den Balkon katzensicher gestaltet. So hat sie dennoch die Möglichkeit, ihre kleine Nase in den Wind zu halten und etwas Natur zu erleben.


Wir haben uns für ein weißes Katzennetz  mit einer mittleren Maschengröße (4 cm) der Marke "Boy" entschieden. Befestigt haben wir es mit Hilfe von Teleskopstangen, welche zwischen Decke und Balkonmauer gespannt wurden. Um ein Durchhängen des Netzes weitgehend zu vermeiden, wurde ein Spannseil durch die oberen Maschen gefädelt, welches dann am oberen Ende der Teleskopstangen befestigt werden konnte. Hierfür befinden sich extra Löcher in den Stangen. Das Netz selbst wurde mit kleinen weißen Kabelbindern an den Teleskopstangen befestigt. 
Insgesamt schaut es wirklich sehr gut aus. Suri hat es sogar schon genutzt. Heute war sie fast den ganzen Tag draußen, beobachtete das Geschehen und knurrte fleißig jeden Fußgänger an, der sich unserem Balkon näherte. 




Als Aussichtsplattform haben wir uns nun für einen "Pflanztisch" entschieden, welchen wir als Liegefläche umfunktionieren. Für die Arbeitsplatte werde ich einfach ein hübsches Deckchen nähen. Dazu ist diese Variante wesentlich günstiger, als einen Outdoorkratzbaum zu kaufen.






Da natürlich jeder für sich allein die Entscheidung treffen muss, ob die Katze nun raus darf oder nicht, habe ich hier eine kleine Liste mit den Vor- und Nachteilen des Freigängerlebens aufgestellt: 


Vorteile des Freigangs:

Es liegt einfach in der Natur der Katze, auf die Jagd zu gehen und in ihrem Revier umherzustreifen. Draußen ist sie viel weniger gelangweilt und ausgelasteter, was seltener zu Verhaltensauffälligkeiten führt.

Auch haben Herrchen und Frauchen weniger Arbeit, da das Tier die meiste Zeit draußen verbringt und dadurch nur selten bis gar nicht die Katzentoilette benutzt. 


Ein hochfunktioneller Kratzbaum ist nicht nötig, da die Katze ihr Kratz- und Kletterbedürfnis an echten Bäumen ausleben kann. Wenn sie dann nach Hause kommt, ist sie meist sehr müde und schläft die meiste Zeit.

Freigänger entwickeln außerdem viel schärfere Sinne. Durch die vermehrte Bewegung leidet sie zudem selten an Übergewicht. 


Nachteile des Freigangs:

Die größte Gefahr für Katzen sind stark befahrene Straßen. Häufig können die Tiere die Geschwindigkeiten der Autos nicht abschätzen, bzw. werden in der Nacht stark geblendet, und bleiben erst einmal stehen, um die Situation zu deuten. 

Aber nicht nur der Straßenverkehr birgt Risiken. Verschlungene Kletter- und Versteckpfade wirken für Katzen sehr verlockend. Die Gefahr, wo eingeklemmt oder erschlagen zu werden, ist unglaublich groß. Oftmals sind es auch tiefere Löcher, aus denen sich die Tiere nicht selbstständig befreien können. Außerdem besteht die Gefahr, versehentlich wo eingesperrt und wochenlang nicht entdeckt zu werden.

Natürlich gibt es auch immer wieder Menschen, die freilaufende Katzen einzufangen. Bestenfalls als eigenes Haustier, schlimmstenfalls zum Verkauf an ein Versuchslabors oder eine Fellsammelorganisation.


Ist das Tier nicht kastriert, ist das nicht nur unverantwortlich vom Tierbesitzer, sondern auch ein zusätzliches Risiko, besonders für Kater. Revierkämpfe intakter Kater sind keine Seltenheit. Häufig enden sie mit dem Tode des Schwächeren. Dazu haben unkastrierte Kater einen wesentlich weiteren Radius des eigenen Reviers. Auf der Suche nach einem Weibchen überqueren sie wesentlich mehr Straßen und passieren dabei ganze Ortschaften. 

Auch gefährliche Kämpfe mit Mardern oder unangeleinten Hunden sind möglich. Dazu stellen Parasiten, giftige Pflanzen und andere Substanzen ein Risiko dar.


Wohnt man in der Nähe von Forstrevieren kann es auch passieren, dass die eigene Katze dort (leider legal) erschossen wird.

Generell ist die Lebenserwartung freilaufender Katzen etwas geringer. Da es dazu aber keinerlei verwertbare Statistiken gibt, finde ich dieses Argument eher nebensächlich. Schließlich gibt es so viele Freigänger, die bis zu 20 Jahre alt werden. Denen gegenüber stehen etliche Wohnungskatzen, die das 15. Lebensjahr nicht erreichen.

Schenkt man seinem Tier die Freiheit, muss einem darum stets bewusst sein, dass man damit zu Zeiten der Streifzüge die Kontrolle über den Liebling fast vollständig abgibt.

Dazu fallen mir drei wunderschöne Zitate ein:

"Für eine Katze bedeutet Treue nicht, immer dazubleiben, sondern immer wiederzukommen." (Klara Löwenstein)

"Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir - für immer." (Konfuzius)

"Wenn die Kätzchen klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie groß sind, gib ihnen Flügel." 
(von mir etwas verändert)



Spaziergang mit Leine und Geschirr als Alternative?

Eine weitere Möglichkeit wäre der Freigang mit Leine und Geschirr. Allerdings habe ich hier die Erfahrung gemacht, dass die Katzen irgendwann immer häufiger und länger den "Spaziergang" einfordern. Desweiteren kann man mit den wenigsten Katzen wie mit einem Hund an der Leine spazieren gehen. Die Route bestimmt die Katze, nicht der Mensch. Sollte sie sich (z.B. durch ein vorbeifahrendes Auto) stark erschrecken, besteht die Gefahr, dass sie sich losreißt. Eventuell findet man sie nicht sofort wieder. Da sie aber noch immer Geschirr und Leine trägt, ist die Strangulationsgefahr oder Verletzungsgefahr dabei extrem hoch.
Aber auch hier kommt es natürlich wieder ganz auf das Wesen der Katze an. Einige finden diese Alternative total super, anderen wiederum widerstrebt das völlig... 



Die größten Gefahren für Wohnungskatzen


Auch die Wohnungshaltung ist natürlich nicht gefahrlos.
Eine der größten Gefahrenquellen im Haushalt sind Kippfenster. Da Katzen einen starken Freiheitsdrang haben, lassen sie sich selten eine Gelegenheit entgehen, um ins Freie zu gelangen. Manchmal vollziehen sie dabei wagemutige Aktionen, indem sie durch den Spalt des Fensters langen oder sogar versuchen, ganz hindurch zu kriechen. Schnell kann es passieren, dass die Katze in den Spalt rutscht und dort eingeklemmt wird. In diesem Fall ist schnelles Eingreifen gefragt, sonst kann es zu inneren Verletzungen oder sogar zum Tode kommen. Lasst Eure Katze deshalb besser nicht in einem Raum allein, in dem ein Fenster gekippt ist. Ein Tipp: Seit einigen Jahren gibt es im Fachhandel Sicherungen, die in den Spalt des gekippten Fensters eingesetzt werden und verhindern, dass die Katze sich dort einklemmt.

Auch giftige Zimmerpflanzen und Stromkabel sind nicht zu unterschätzen. Die meisten Katzen lieben es, genüsslich die Blätter der Zimmerpflanze zu kauen. In diesem Fall ist dringend darauf zu achten, keine Giftpflanzen im Haus zu haben und als Alternative Katzengras anzubieten.

Um einen elektrischen Schlag zu vermeiden, sollte Stromkabel generell hinter den Schränken, bzw. unter dem Fußboden verlegt werden.


Weitere Gefahren bergen die Waschmaschine, welche unbenutzt stets verschlossen werden sollte; Schubladen und Schränke, bei denen die Katze sich einklemmen und ernsthaft verletzen könnte; scharfkantige Ecken; Möbel, die nicht sachgemäß befestigt sind und die Katze erschlagen könnten und jegliche Art von Schlaufen, bei denen Strangulationsgefahr besteht. 

Bänder und Wollknäuele sollten für die Katze nicht zugänglich sein, da sie diese mit Vorliebe verschluckt. Dies kann zu einem oft tödlich verlaufenden Darmverschluss führen.

Desweitern ist gerade bei Stubentigern die Gefahr der Langeweile sehr groß, besonders in Einzelhaltung. Viele Katzen sind bei reiner Wohnungshaltung nicht ausgelastet und fangen an, Verhaltensauffälligkeiten an den Tag zu legen (Kratzen an Möbeln, Urinieren außerhalb des Klos, lautstarkes dauerhaftes Miauen). Darum ist es unabdingbar, sich viel und abwechslungsreich mit dem Tier zu beschäftigen. Ein zweiter Artgenosse ist in den meisten Fällen ebenfalls von großem Vorteil.

Außerdem gibt es eine ganze Reihe giftiger Lebensmittel, die für Katzen ungeeignet sind. Die nun aber alle aufzuzählen, würde natürlich den Rahmen sprengen. 

Darum habe ich für Euch folgende Links herausgesucht: 



Abschließend ist zu sagen:

Ganz egal, ob nun Wohnungshaltung oder Freigang: Das Wichtigste ist ohnehin, dass Eure Katzen sich geliebt und umsorgt fühlen und es ihnen an nichts fehlt. Eine gepflegte und ausreichend beschäftigte Katze ist in der Regel auch eine glückliche und zufriedene Katze... ;)


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 Nachtrag vom 24.05.2013:

Der Pflanztisch ist heute angekommen und wurde bereits von Suri genutzt!








2 Kommentare :

  1. eine tolle kombination aus information,sachlichkeit,persönlicher erfahrung und information...gewürzt und abgeschmeckt mit sehr viel liebe...gratuliere!

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    1. Vielen lieben Dank für die positive Rückmeldung!! :)

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